Dienstag, November 08, 2005

Ironie zum Kotzen



Harald Schmidt: Dadurch, dass die Presse nach meiner Rückkehr so hart ranging, hatte ich zwei Möglichkeiten. Entweder: Das interessiert mich nicht. Dann bin ich aber wahrscheinlich ziemlich schnell beschädigt, was unschön wäre, weil die anderen ja doch viel schlechter sind. Also frage ich mich: Was ist damit gemeint? Ich war vielleicht zu nachlässig. Man könnte die Kritiken auch als Unternehmensberatung sehen.


Ich beobachte bei jungen Feuilletonisten eine absolute Abkehr von der Ironie. Neulich stand in der Süddeutschen: "Wenn ich kotzen muss, steht auf der Kotztüte: Danke für Ihre Kritik." Die Ironie hat die Kotztüte erreicht! Diese neue Ernsthaftigkeit führt dazu, dass ich in der FAZ lese: "Ralph Siegel hat es verdient, mit seinen Texten ernst genommen zu werden! Wer nie einsam in einem Hotelzimmer saß, weiß nicht, welcher Trost in ,Dschingis Khan' stecken kann." Das. Geht. Nicht. Ich war ein bisschen ironiemüde. Aber dadurch habe ich neues Feuer bekommen.

In: Die Zeit 45/2005